Was ist, wenn der Fernbus nicht oder zu spät kommt?

Was ist, wenn der Fernbus nicht oder zu spät kommt?

Anfang 2013 wurde der Linienverkehr für Fernbusse freigegeben. Statt mit dem Zug zu fahren, einen Inlandsflug zu buchen oder sich selbst hinters Steuer zu setzen, steht für Reisende seitdem mit dem Fernbus eine weitere Alternative zur Verfügung.

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Dabei gibt es mittlerweile schon über 200 verschiedene Linien und das Netz wird auch weiterhin in rasantem Tempo ausgebaut. Bei Reisenden kommen Fernbusse gut an, denn die Fahrt ist bequem, das Umsteigen entfällt und ein Ticket ist oft deutlich günstiger als bei anderen Verkehrsmitteln.

Aber was ist eigentlich, wenn der Fernbus gar nicht kommt? Oder wenn er Verspätung hat? Können Fahrgäste dann Ansprüche geltend machen und wann ja, welche?:

Die EU-Verordnung 181/2011 regelt die Rechte von Fernbus-Fahrgästen

Bei Flugreisen gibt die Fluggastrechteverordnung der EU vor, wann Fluggäste welche Ansprüche geltend machen können. Für Fahrten mit dem Fernbus gibt es ebenfalls eine Verordnung der EU. Sie hat die Nummer 181/2011, ist seit März 2013 verbindlich und regelt, welche Rechte Fahrgäste auf Fernbuslinien haben.

Dabei beziehen sich die Regelungen auf Fahrten, bei denen die planmäßige Wegstrecke 250 Kilometer oder mehr beträgt. Zudem müssen sich der Abfahrts- und der Zielort in einem EU-Land befinden. Konkret sieht die EU-Verordnung folgende Regelungen vor:

Wenn der Fernbus ausfällt, überfüllt ist oder Verspätung hat

Wird eine Fahrt annulliert, ist der Fernbus überbucht und der Fahrgast bekommt deswegen keinen Platz mehr oder verzögert sich die Abfahrt um über zwei Stunden, muss der Anbieter dem Fahrgast zwei Möglichkeiten anbieten. Die erste Möglichkeit ist, dass der Fahrgast seine Fahrt so schnell wie möglich fortsetzen kann.

Dazu kann ihm der Anbieter einen Platz in einem anderen Fernbus offerieren, der den Fahrgast natürlich ohne Aufpreis zum gebuchten Zielort befördert. Dabei kann der Fernbus aber auch eine andere Strecke nehmen. Die zweite Möglichkeit ist, dass der Fahrgast auf die Fahrt verzichtet. In diesem Fall muss der Anbieter den Fahrpreis erstatten und den Fahrgast schnellstmöglich kostenlos zum Abfahrtsort zurückbringen. Wird dem Fahrgast diese Auswahlmöglichkeit nicht angeboten, kann er zusätzlich noch einmal 50 Prozent des Fahrpreises als Entschädigung verlangen.

Für die Erstattung hat der Anbieter zwei Wochen lang Zeit. Grundsätzlich muss der Anbieter dabei auch das Geld zurückbezahlen. Eine andere Form der Erstattung, beispielsweise als Gutschein für eine weitere Fahrt, ist nur dann zulässig, wenn sich der Fahrgast damit einverstanden erklärt.

Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Anbieter wegen extrem schlechter Witterungsbedingungen oder einer Naturkatastrophe keine sichere Weiterfahrt gewährleisten kann. In diesem Fall muss er keine Erstattungen leisten.

Wenn sich die Abfahrt um mehr als 90 Minuten verzögert

Fällt eine Fahrt aus oder verschiebt sich die Abfahrt, muss der Anbieter den Fahrgast umgehend, spätestens aber innerhalb von einer halben Stunde nach der planmäßigen Abfahrt darüber informieren.

Dauert die gebuchte Fahrt regulär über drei Stunden und muss der Fahrgast bis zur Abfahrt mehr als 90 Minuten warten, hat er Anspruch darauf, dass ihn der Anbieter mit einer Erfrischung, einem Snack oder einer Mahlzeit versorgt. Allerdings kann er nur eine Verpflegung verlangen, die in einem angemessenen Verhältnis zur Wartezeit steht und die der Anbieter mit einem zumutbaren Aufwand beschaffen kann.

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Kann die Fahrt erst am nächsten Tag durchgeführt oder fortgesetzt werden, muss sich der Anbieter um ein Hotelzimmer oder eine andere Unterkunft und um den Transfer zwischen dem Busbahnhof und der Unterbringung kümmern. Der Anbieter kann die Kosten für eine Übernachtung aber auf 80 Euro pro Person begrenzen und die Aufenthaltsdauer auf zwei Nächte beschränken.

Wenn der Fernbus im Stau steht

Wenn der Fernbus mit Verspätung am Zielort ankommt, weil er unterwegs im Stau gestanden ist, wird der Fahrgast wenig Chancen haben, irgendwelche Ansprüche geltend zu machen. Die EU-Verordnung enthält keine Regelungen zu einer verspäteten Ankunft wegen Stau, hohem Verkehrsaufkommen oder ähnlichen Szenarien.

Allerdings hat der Anbieter die Verspätung in diesem Fall weder verschuldet noch kann er Einfluss auf das Verkehrsaufkommen nehmen. Deshalb wird der Fahrgast wohl keine Entschädigungsleistungen durchsetzen können.

Hat der Fernbus unterwegs eine Panne, muss der Anbieter dafür sorgen, dass die Fahrt fortgesetzt werden kann. Dazu kann er entweder ein Ersatzfahrzeug zu dem Ort schicken, an dem der Fernbus liegengeblieben ist. Alternativ kann er die Fahrgäste zu einem Wartepunkt oder dem nächstgelegenen Busbahnhof befördern und die Fahrt von dort aus fortsetzen.

Kommt es zu einem Unfall und wird ein Fahrgast verletzt oder gar getötet, greifen die nationalen Rechtsvorschriften. Generell ist der Anbieter natürlich dazu verpflichtet, erste Hilfe zu leisten und den Fahrgast angemessen zu versorgen. Dies gilt unabhängig davon, wer den Unfall verschuldet hat. Trägt der Anbieter die Schuld an dem Unfall, muss er eine Entschädigung leisten. Deren Höhe richtet sich nach nationalem Recht, die Höchstgrenze darf jedoch nicht unter 220.000 Euro pro Fahrgast liegen.

Wenn das Gepäck beschädigt wird oder verloren geht

Gepäck ist grundsätzlich mit 1.200 Euro pro Gepäckstück abgesichert. Wird das Gepäck unterwegs beschädigt oder geht es gar verloren, muss der Anbieter dem Fahrgast somit den Wert der Gegenstände in einer Höhe von bis zu 1.200 Euro pro Koffer oder Tasche erstatten.

Bei Streitigkeiten hilft die Schlichtungsstelle weiter

Besondere Regelungen sieht die EU-Verordnung noch für Fahrgäste mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität vor. Sollte es zu Streitigkeiten mit dem Anbieter kommen, kann sich der Fahrgast an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V., kurz SÖP, wenden. Die Bundesregierung hat sie als Schlichtungsstelle anerkannt.

Dabei kann der Fahrgast die Schlichtungsstelle natürlich auch bei Fahrten unter 250 Kilometern um Hilfe bitten. Voraussetzung für ein Schlichtungsverfahren ist aber, dass sich das Fernbusunternehmen der SÖP angeschlossen hat. Außerdem müssen ab dem Zeitpunkt, an dem der Fahrgast seine Ansprüche gegenüber dem Fernbusunternehmen geltend gemacht hat, mindestens 30 Tage vergangen sein.

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Martin Schuster -Reisekaufmann, Timo Kropp - Reiseveranstalter und Marie Kusche - freiberufliche Reisejournalistin und Backpacker, sowie Christian Gülcan, Betreiber und Redakteur dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Tipps und Ratgeber zu Busreisen, Urlaub, Reisezielen und Sehenswürdigkeiten.

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