Sind informelle Buslinien effizienter als zentralisierte Dienste?
In Deutschland sind wir daran gewöhnt, dass Busse und Bahnen feste Routen und Fahrpläne haben. Doch in vielen anderen Ländern der Welt funktionieren die öffentlichen Verkehrsmittel ganz anders. Dort greifen die Menschen nur sehr selten oder gar nicht auf den offiziellen Personennahverkehr zurück. Stattdessen nutzen sie oft privat organisierte Sammelbusse und On-Demand-Transporte.
Aber wie schneiden solche informellen Verkehrssysteme im Vergleich zu einem zentral organisierten Nahverkehr ab? Sind informelle Buslinien womöglich effizienter als zentralisierte Dienste? Und welches System versorgt weiter außerhalb gelegene Wohngegenden besser?
Inhalt
Zentral und informell organisierte Verkehrssysteme
Im weltweiten Vergleich ist der öffentliche Personennahverkehr sehr unterschiedlich organisiert. In den Industrienationen ist üblich, dass die öffentlichen Verkehrsmittel zentral organisiert sind. Busse, Straßenbahnen und U-Bahnen haben feste Routen und Haltestellen. Außerdem fahren sie nach festen Fahrplänen.
Im Unterschied dazu sind in den Ländern des Globalen Südens informelle Fahrdienste weit verbreitet.
Diese Systeme kennzeichnen sich durch Routen, Stopps und Fahrzeiten, die kurzfristig festgelegt werden. Typische Verkehrsmittel sind Kleinbusse und Sammeltaxis, die privat oder von zivilen Interessenverbänden betrieben werden und on demand, also nach Bedarf und auf Abruf, fahren.
Für Außenstehende und durch unsere westlichen Augen betrachtet scheinen solche informellen Verkehrsdienste oft wenig effizient und mitunter fast etwas chaotisch. Doch dieser Eindruck täuscht.
Das hat kürzlich ein Forschungsteam der Technischen Universität Dresden herausgefunden, das die Buslinien in 22 Ländern miteinander verglichen hat.
Der Vergleich ergab, dass die Routen von informellen und selbstorganisierten Transportsystemen mindestens genauso effizient und zum Teil sogar effizienter sind als die zentralisierten Dienste, die wir kennen und gewohnt sind.
Besserer Service und weniger Umwege
Wie bei öffentlichen Verkehrsmitteln, die wie bei uns zentral organisiert sind, entwickeln sich auch im Nahverkehr on demand mehr oder weniger feste Routen oder Fahrtkorridore mit mehreren Haupthaltestellen.
Dabei verlaufen die Buslinien in den Kerngebieten eher geradlinig, während die Routen an ihren Enden zunehmend verzweigt sind, um größere Flächen bedienen zu können. Dieses Muster fanden die Forscher:innen in allen untersuchten Städten.
Insgesamt weisen informelle Verkehre aber weniger Umwege auf und haben einheitlichere Routen als zentral geplante Buslinien. Dadurch sind sie effizienter und zugleich rentabel, selbst wenn die im Globalen Norden üblichen umfangreichen Subventionen entfallen.
Die Nutzer:innen profitieren außerdem oft von einem besseren Service.
Denn vor allem in den Ländern des Globalen Südens bedienen die informellen Transportsysteme oft die Gebiete, in denen ein öffentlich organisierter Transport nicht zur Verfügung steht.
Und das entweder, weil die Strecken von regulären Linienbussen nicht bedient werden, oder weil der öffentliche Nahverkehr für die Anwohner:innen zu teuer ist.
Genereller Verbesserungsbedarf im Nahverkehr
Informell organisierte Verkehrsdienste sind keinesfalls minderwertig. Ganz im Gegenteil können sie im Vergleich zum zentral organisierten öffentlichen Nahverkehr, wie wir ihn kennen, durchaus Vorteile haben.
In der Verkehrsplanung von morgen sollten deshalb beide Systeme berücksichtigt, gegebenenfalls miteinander kombiniert und jeweils nachhaltiger ausgestaltet werden.
Während die selbst organisierten Dienste dadurch verlässlicher und regelmäßiger werden könnten, könnten sich die zentral organisierten Angebote die effiziente Bildung von Routen bei den informellen Diensten abschauen.
Ob die öffentlichen Nahverkehrsmittel in Sachen Zuverlässigkeit und Sicherheit tatsächlich die Nase vorn haben, wurde bislang mangels Daten aber nicht untersucht.
Andererseits ist das Deutschlandticket ein gutes Beispiel dafür, was besser werden muss. Rund die Hälfte derjenigen, die das Ticket gekauft haben, gibt in Umfragen an, seitdem öfter mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein und auf das Auto zu verzichten.
Ein Grund dafür ist die Zufriedenheit mit dem Angebot. So gefällt den Nutzer:innen sehr gut, dass das Deutschlandticket kostengünstig und unkompliziert zu handhaben ist und bundesweit eingesetzt werden kann. Diese insgesamt positive Wahrnehmung schafft die Grundlage dafür, dass das Deutschlandticket einen Beitrag zur dringend notwendigen Mobilitätswende leisten könnte.
Gleichzeitig macht es aber auch deutlich, dass weitere Maßnahmen notwendig sind. Dazu gehören bessere Anschlüsse an den öffentlichen Nahverkehr vor allem im ländlichen Raum und ein insgesamt verlässlicherer Nahverkehr.
Erst wenn diese grundsätzlichen Probleme behoben sind, können Angebote wie das Deutschlandticket einen großen Effekt erzielen. Denn Umfragen belegen auch, dass diejenigen, die überwiegend oder ausschließlich das Auto nutzen, nicht unbedingt etwas gegen den öffentlichen Nahverkehr haben.
Stattdessen bemängeln sie, dass es keine oder zu wenig passende Verbindungen gibt und die Haltestellen schlecht angebunden sind. Auch die Pünktlichkeit und die Zuverlässigkeit der Verkehrsbetriebe sind häufige Kritikpunkte.
An dieser Stelle könnten unsere zentral organisierten Verkehrssysteme von den informellen Buslinien lernen, um flexiblere Dienste bereitzustellen, die vor allem auch die ländlichen Regionen besser einbinden.
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Thema: Sind informelle Buslinien effizienter als zentralisierte Dienste?
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