Wird der ÖPNV durch das Deutschlandticket nachhaltiger?
Das Deutschlandticket ermöglicht uns, für 49 Euro im Monat den gesamten öffentlichen Nahverkehr und die Regionalzüge der Deutschen Bahn im ganzen Land zu nutzen. Sowohl für Pendler als auch für Ausflügler und Urlauber ist das ganz schön praktisch. Aber wie viele Leute machen von dieser Möglichkeit eigentlich Gebrauch? Was unterscheidet die Nutzer des Deutschlandtickets von eingefleischten Autofahrern? Und wird der ÖPNV durch das Deutschlandticket wirklich nachhaltiger?
Inhalt
Wie funktioniert das Deutschlandticket?
Nachdem das 9-Euro-Ticket im Sommer 2022 ein riesiger Erfolg war, kam im Mai 2023 das Deutschlandticket als sein offizieller Nachfolger auf den Markt. Wer ein Deutschlandticket hat, kann damit in ganz Deutschland den gesamten öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nutzen.
Zum ÖPNV gehören zum Beispiel Busse, Straßenbahnen und U-Bahnen. Außerdem gilt das Ticket in den Regionalzügen der Deutschen Bahn. Das Deutschlandticket kostet 49 Euro pro Monat und wird als Abomodell angeboten, das monatlich gekündigt werden kann.
Für 49 Euro einen ganzen Monat lang kreuz und quer im Land unterwegs sein zu können, klingt nach einem verlockenden Anreiz und einem guten Ansatz, um mehr Leute dazu anzuregen, das Auto öfter mal stehen zu lassen.
So werden einerseits die Straßen entlastet und andererseits profitiert die Umwelt. Aber klappt das Ganze auch in der Praxis?
Dieser Frage ist ein Forscherteam der Fraunhofer-Allianz Verkehr in einer repräsentativen Umfrage nachgegangen. Dafür wurden über 3.700 Teilnehmer befragt.
Dabei zeigte die Studie nicht nur, wie gut das Deutschlandticket funktioniert, sondern auch, wer die typischen Nutzer sind und für welche Zwecke sie das Ticket verwenden.
Wer nutzt wofür das Deutschlandticket?
Die genaue Anzahl der Nutzer des Deutschlandtickets ist nur schwer zu erfassen. Denn durch das Abomodell gibt es monatliche Schwankungen. In den ersten vier Monaten, in denen das Ticket auf dem Markt war, hatte aber zeitweise über die Hälfte der Befragten ein Deutschlandticket.
Rund 15 Prozent von ihnen besaßen das Ticket sogar in allen vier Monaten. Dabei haben offenbar die Lebensumstände und verschiedene persönliche Eigenschaften Einfluss darauf, wie wahrscheinlich es ist, ob jemand das Angebot nutzt.
So ergab die Umfrage zum Beispiel, dass der durchschnittliche Abonnent des Deutschlandtickets eher jung ist, in Vollzeit arbeitet und einen höheren Bildungsgrad hat. Außerdem beschreibt er sich selbst als jemanden, der umweltbewusst ist und mindestens einmal pro Woche mit Bus oder Bahn fährt.
Im Unterschied dazu sind diejenigen, die kein Deutschlandticket besitzen, stärker auf ein eigenes Auto angewiesen. Viele von ihnen sind älter als 55 Jahre und bereits im Ruhestand. Meist leben sie zu zweit und verfügen über ein niedrigeres Einkommen.
Die Besitzer eines Deutschlandtickets nutzen es für ganz unterschiedliche Zwecke. In der Umfrage gaben 69 Prozent der Ticketinhaber an, dass sie ihr Ticket für Fahrten zu Hobbys, für Tagesausflüge und bei Besuchsfahrten brauchen.
55 Prozent erklärten, dass sie das Ticket auch für alltägliche Erledigungen verwenden, so zum Beispiel bei Einkäufen oder bei Arztterminen. Für die Fahrten zur Arbeit setzen hingegen nur 43 Prozent der Befragten das Deutschlandticket ein.
Wird der Verkehr durch das Deutschlandticket nachhaltiger?
Insgesamt erklärte rund die Hälfte der befragten Teilnehmer, dass sie seit dem Kauf des Deutschlandtickets öfter mit dem ÖPNV unterwegs sind und dafür das Auto auch mal in der Garage lassen.
Vermutlich liegt das auch daran, dass die meisten von ihnen mit dem Angebot sehr zufrieden sind.
So schätzen die Abonnenten am Deutschlandticket, dass es unkompliziert und preiswert ist und es ermöglicht, nicht nur im näheren Umkreis, sondern in ganz Deutschland damit zu fahren.
Die hohe Zufriedenheit stimmt auch das Forscherteam zuversichtlich. Die Studie hat gezeigt, dass die Bevölkerung dem Deutschlandticket grundsätzlich positiv gegenübersteht.
Damit hat das Ticket durchaus das Potenzial, einen Beitrag zur Verkehrswende zu leisten.
Um einen wirklich großen Effekt zu erzielen, sind aber weitere Maßnahmen und Optimierungen notwendig. Dazu gehören bessere Anschlüsse an den ÖPNV im ländlichen Raum, ein weiter ausgebautes Netz mit mehr Verbindungen und ein Nahverkehr, der insgesamt verlässlicher ist.
Erst wenn diese grundsätzlichen Probleme des ÖPNV behoben sind, hat das Deutschlandticket die Chance, auch für solche Nutzer attraktiv zu sein, die nicht die klassische Zielgruppe bilden und derzeit so gut wie immer mit dem eigenen Auto unterwegs sind.
Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Umfrage wider. So haben diejenigen, die das Deutschlandticket nicht nutzen, nicht unbedingt etwas dagegen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.
Stattdessen fehlen ihnen derzeit noch passende Verbindungen und eine ausreichende Anbindung an Haltestellen.
Außerdem bemängeln sie die Pünktlichkeit und die Zuverlässigkeit der Verkehrsbetriebe. Gäbe es hier Verbesserungen, könnte das Deutschlandticket den Verkehr tatsächlich nachhaltiger machen.
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